Komplex, aufwendig und langatmig – VgV-Verfahren haben unter Ingenieur- und Architekturbüros keinen guten Ruf. Wer sich regelmäßig an Ausschreibungen öffentlicher Auftraggeber beteiligt, kann die Bearbeitung der VgV-Verfahren jedoch mit einigen Kniffen effizienter gestalten. Mit einer guten Organisation lässt sich bei den einzelnen Bewerbungen viel Zeit und Aufwand sparen.
Was sind VgV-Verfahren?
Das Kürzel VgV steht für die „Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge“, kurz die Vergabeverordnung. Alle öffentlichen Auftraggeber sind ab bestimmten Schwellenwerten zu VgV-Verfahren verpflichtet, müssen sich also bei der Auftragsvergabe an die entsprechenden Vorschriften halten. Architekten- und Ingenieurleistungen werden meist im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb vergeben, zum Teil mit vorgeschalteten Planungswettbewerb.
Der Ablauf ist streng geregelt und läuft bei Verhandlungsverfahren ohne Planungswettbewerb in der Regel wie folgt ab:
1. Bekanntmachung: Die Ausschreibung wird im europäischen Amtsblatt Tenders Electronic Daily (TED) veröffentlicht. Die ausführlichen Vergabeunterlagen umfassen neben einer detaillierten Aufgabenbeschreibung immer auch die Wertungskriterien und die Vertragskonditionen.
2. Teilnahmewettbewerb: Nach der Bekanntmachung haben interessierte Architektur- und Ingenieurbüros in der Regel 30 Tage Zeit, sich um eine Teilnahme am Verfahren zu bewerben. Die Bewerbungsunterlagen sind digital einzureichen, über die vom Auslober bereitgestellte Vergabeplattform.
3. Eignungsprüfung: Die Vergabestelle prüft die Teilnahmeanträge und fordert dann entweder alle geeigneten Bewerber oder eine beschränkte Anzahl an Unternehmen auf, sich am Verhandlungsverfahren zu beteiligen und ein Angebot abzugeben.
4. Erste Angebotsphase: In VgV-Verfahren haben die Bewerber mindestens 25 Tage Zeit, ein Erstangebot zu erstellen. Der Auftraggeber wertet sie aus und lädt die Bieter dann zum Verhandlungsgespräch ein.
5. Verhandlungsphase: Jetzt geht es darum, den Auftraggeber persönlich zu überzeugen. Die teilnehmenden Architekten und Ingenieure präsentieren ihr Büro und ihre Leistungsfähigkeit, die Projektanalyse und ihr Honorarangebot. Die Vergabestelle teilt den Bietern wiederum mit, was an den Erstangeboten positiv und was negativ ist. (In besonders langwierigen Verfahren folgen weitere Runden mit überarbeiteten Angeboten und anschließenden Verhandlungen.)
6. Finale Angebotsphase: Die Teilnehmer haben nun die Möglichkeit, ein endgültiges Angebot zu erstellen und abzugeben. Sind diese ausgewertet, wird der Bieter mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis ausgewählt und erhält nach einer „Stillhaltefrist“ von i.d.R. 10 Tagen den Zuschlag.
Gute Vorbereitung spart viel Zeit beim Bewerbungsprozess
Um VgV-Verfahren effizient bearbeiten zu können, ist es notwendig, Standardinformationen und -unterlagen schnell griffbereit zu haben. Hierfür lohnt es sich, Übersichten und einfache Vorlagen anzulegen, die je nach Projekt ausgewählt und angepasst werden.
Je nach Verfahren müssen einige oder alle Informationen in vorgegebene Bewerberbögen eingetragen werden, so dass eine einfache Textvorlage für „Copy & Paste“ ausreicht. Teilweise müssen manche Informationen – insbesondere Projektdarstellungen – jedoch als PDF beigefügt werden, wofür professionell gestaltete Unterlagen (im Corporate Design des Büros) notwendig sind. Wer sich einmal die Mühe macht und ein solides Grundgerüst für VgV-Bewerbungen anlegt, spart später viel Zeit bei den einzelnen Verfahren.
Notwendige Unterlagen für VgV-Verfahren
Folgende Materialien sollten Ingenieur- und Architekturbüros für VgV-Verfahren parat haben:
- Aktuelle Unternehmensdaten wie die Zahl der Mitarbeiter, Jahresumsatz oder technische Ausstattung des Ingenieurbüros
- Lebensläufe der Büroinhaber / Geschäftsführer und aller Projektleiter
- Liste aller bearbeiteten Projekte, jeweils mit zentralen Daten wie Art der Nutzung, Leistungszeitraum, Baukosten, Honorarzone, bearbeitete Leistungsphasen, Flächenangaben etc.
- Gestaltete Projektdarstellungen, die neben wichtigen Daten auch aussagekräftige Pläne, Bilder und eine kurze Projektbeschreibung enthalten
- Präsentationsvorlage mit wenigen Folien zum Büro (Was zeichnet Sie aus?), den Projektleitern (Berufserfahrung, Spezialisierung und verantwortete Projekte) sowie zu allen Referenzprojekten (inkl. Gebäudekennzahlen und Besonderheiten). Um die Projektorganisation darstellen zu können, sind auch Organigramm-Vorlagen notwendig.
Darüber hinaus müssen die sich bewerbenden Architekten und Ingenieure oft bestimmte Nachweise erbringen, etwa über die vorhandene Berufshaftpflichtversicherung, Kammermitgliedschaften, Zeugnisse der Projektleiter. Bisweilen sind auch Referenzschreiben früherer Auftraggeber gefordert. All diese Unterlagen sollten an zentraler Stelle abgelegt sein und stets auf aktuellem Stand gehalten werden.
VgV-Bewerbungen individuell anpassen
Je nach Verfahren und Anforderungen sind die Unterlagen individuell zusammenzustellen. Bei der Darstellung der Referenzprojekte lohnt es sich bisweilen, sie anzupassen und die Aspekte hervorzuheben, die zur jeweiligen Aufgabenstellung passen. In jedem Fall müssen sie die in der Ausschreibung geforderten Daten enthalten. Ähnliches gilt für die Präsentation in der Verhandlungsphase: Welche Projekte ein Architekturbüro zeigen und welche Erfahrungen und Qualitäten es hervorheben sollte, hängt von der jeweiligen Ausschreibung, dem Auftraggeber und den künftigen Nutzern ab.
Auch bei guter Vorarbeit bleibt somit immer ein gewisser Bearbeitungsaufwand für die einzelnen VgV-Verfahren. Dies sollten Architekten und Ingenieure bedenken, wenn sie die Referenzblätter und Präsentationsfolien erstmals erstellen bzw. erstellen lassen. Die hierfür gewählte Software sollte unkompliziert Anpassungen ermöglichen. Dann lassen sich die notwendigen Unterlagen schnell zusammenstellen und VgV-Bewerbungen effizient bearbeiten.
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