Vielen Architekturabsolventen wird geraten, sich nach dem Studium selbständig zu machen, weil Festanstellungen hart umkämpft sind. Doch nicht für jeden ist der Sprung ins kalte Wasser direkt nach der Universität oder Hochschule eine Alternative, denn mit der Selbständigkeit tun sich andere Probleme auf. Mario Simon, Projektsteuerer bei Simon & Partner, rät daher, nach dem Studium zunächst Praxiserfahrung zu sammeln.
Herr Simon, Sie selbst haben nach dem Studium nicht den Weg des planenden Architekten eingeschlagen, sondern sind in die Projektsteuerung eingestiegen.
Richtig. Ich hatte bereits viele Bauleistungsthemen im Studium und habe mich anschließend nach Alternativen zum klassischen Architekturberuf umgesehen. Auf diese Weise habe ich ein halbes Jahr nach dem Studium, während dem ich auch selbständig war, eine Festanstellung für sieben Jahre gefunden. Es ging dabei darum, bei größeren Bauvorhaben alles zu steuern, aber auch beispielsweise eine technische Gebäudebewertung bei bestehenden Bauten vorzunehmen und Einschätzungen zu Ankauf und zukünftigen Investitionen in das Gebäude vorzunehmen.
Was ist das Problematische bei einer Selbstständigkeit nach dem Studium?
Die Situation eines selbständigen Architekten ist nicht unbedingt die einfachste, denn der Konkurrenzdruck ist hoch und wenn man nicht gerade ein eingesessenes Büro ist, dann ist der Markt sehr volatil und unverbindlich. Es gibt wenig Sicherheit. Viele Selbständige arbeiten projektbezogen, das heißt, es herrscht eine hohe Fluktuation. Das ist übrigens auch für den Auftraggeber problematisch, denn wenn der Architekt nach dem Projekt das Arbeitsverhältnis verlässt, kann das mit Qualitätsverlust einhergehen. Insgesamt ist die Situation schon für einen erfahreneren Architekten mitunter schwer zu stemmen, umso härter ist es für einen Absolventen.
Hinzu kommt auch noch, dass angehende Architekten, die sich nach dem Studium selbständig machen wollen, in der Regel zunächst nicht die Kompetenzen und Netzwerke vorweisen können, die es braucht, um als selbständiger Architekt zu bestehen. Ich kann daher nur jedem raten, sich all das zunächst in einer Anstellung anzueignen und von dort aus in die Selbständigkeit zu starten. In dem Zusammenhang sollte man sich unbedingt um eine Berufshaftpflichtversicherung kümmern. Dies ist auch zur Aufnahme in die Architektenkammer verpflichtend.
Generell sollte man sich schon während des Studiums frühzeitig orientieren und verschiedene Möglichkeiten in Erwägung ziehen, denn sonst kann es sein, dass man in seiner Arbeitssituation über ein Studentenniveau nicht hinauskommt.
Wie ist die Situation einer Festanstellung nach dem Studium zu bewerten bzw. was raten Sie diesbezüglich den Absolventen?
Man muss sagen, viele Architekturbüros verheizen junge Leute und nutzen sie aus. Ich kann zwar nur für den Raum Berlin sprechen, aber hier ist es immerhin so, dass die Firmen ohne Ende Personal suchen. Da gibt es keine Assessmentcenter mehr, die Hürden sind niedriger und die Studenten können entweder in der Projektsteuerung einsteigen oder klassische Architekturaufgaben übernehmen. Das ist heute schon ein Vorteil im Gegensatz zu früher, man hat größere Chancen auf einen Platz und es gibt auch nicht mehr diese Verträge auf Praktikantenniveau.
Aktuell ist die Marktlage für Architekten allerdings gut, weswegen ich eine Selbständigkeit nur jedem empfehlen kann, der genügend Berufserfahrung gesammelt hat. Die Schwierigkeiten werden auf jeden Fall durch die Möglichkeit aufgewogen, sein Berufsleben selbst zu gestalten und Eigenverantwortung zu übernehmen.